March 8, Berlin – NIKA- und Jugendblock: Feminism is class war
We strike!
Inspiriert durch die mutigen Aktionen von Millionen von Frauen* in Spanien, Lateinamerika, Polen und an vielen weiteren Orten im vergangenen Jahr haben sich in mehr als 50 Ländern Komitees gebildet: Am 8.März 2019, dem internationalen Frauen*kampftag, wollen wir gemeinsam und solidarisch einen Schritt weiter gehen und Patriarchat, Kapital und Vaterland bestreiken! Kommt am 8. März in den Block von Nationalismus ist keine Alternative auf der Demonstration zum Frauen*kampftag // 8. März in Berlin – 14Uhr auf dem Alexanderplatz.
„Frauen befreien sich nicht, indem sie eine Frauenbewegung mit einer reichen, weiblichen Elite schaffen. Afroamerikaner gewinnen ihre antirassistischen Kämpfe nicht, weil es einen schwarzen Präsidenten gibt. Wenn die Mehrheit der Schwarzen, wenn die Mehrheit der Frauen weiter proletarisiert wird, ist die einzige Art der Politik, die es schafft, diese fundamentalen Ungleichheiten zu beseitigen, eine kommunistische.“ Jodi Dean
Unser Streik ist …
… antikapitalistisch, weil wir unser Leben nicht der Profitmaximierung unterordnen!
Frauen* werden im Kapitalismus gleich mehrfach unterdrückt. Nach wie vor sollen wir mit schlechteren Löhnen vorlieb nehmen. Verkrustete Strukturen, Männerbünde und Seilschaften blockieren unsere Teilhabe und unsere Chancen. Zugleich wird weiterhin ein Großteil der Reproduktionsarbeit unentgeltlich von Frauen* verrichtet. Wir gebären, umsorgen und pflegen die Arbeiter*innen von gestern, heute und morgen „aus Liebe“ und gewährleisten damit die für das Kapital so notwendige Ausbeutung von Arbeitskraft.
Wenn wir die Geschlechterungleichheit abschaffen wollen, müssen wir auch den Kapitalismus bekämpfen!
… antifaschistisch, weil unsere Freiheit bedroht ist!
Wir erleben die Etablierung der Alternative für Deutschland in der Bundesrepublik und die zunehmenden Faschisierung der politischen Landschaft in Europa und auf der Welt. Rechte nutzen antifeministische Hetze als Verbindungsglied zwischen den unterschiedlichen reaktionären Milieus: Autoritäre Kindererziehung, das Festhalten an den erlernten Geschlechterrollen und das Bedürfnis nach einer hierarchisch organisierten Gesellschaft vereinen Neonazis mit der religiösen Fundamentalistin und dem konservativen Familienvater, von Berlin über Kairo bis nach New York. Und selbst wenn sich Faschisten mal gegenüber der imaginierten „Überfremdung“ als Feministen verkleiden oder Frauen* gegen über der Sexualisierung durch Werbung und Kommerz behaupten schützen zu wollen – in ihrem eigenen Weltbild ist für selbstbestimmte Frauen* kein Platz: Faschistische Gesellschaften haben noch immer die Rechte der Frauen* beschnitten. Auch wenn sich jetzt zum Glück immer mehr Menschen gegen die reaktionären Wahnvorstellungen stellen, Frauen*rechte stellen sich nicht von selbst ein. Sie müssen immer wieder verteidigt und erkämpft werden werden!
Wenn wir unsere Leben selbstorganisieren wollen, müssen wir den Faschismus besiegen!
… antinational, weil wir nicht die Mütter der Nation sein wollen!
Frauen* sind im rechten Denken unverzichtbar für die biologische und kulturelle Reproduktion der Nation. Tatsächlich ist die Bevölkerung für jeden Nationalstaat ein Faktor in der globalen Konkurrenz, die er versucht zu gestalten. Auch in Deutschland hat jüngst der erbitterte Kampf der Konservativen für den Erhalt des §219a StGB die Gesetzeslage verfestigt und die staatlichen Kontrolle über den weiblichen* Körper verschärft. Frauen* wird so immer noch die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper aberkannt. Steuermodelle wie das ‚Ehegattensplitting‘ fördern bewusst geschlechterungleiche Lebens- und Familienmodelle. Weltweit muss für den Erhalt einmal erlangter reproduktiver Rechte gestritten werden, und zwar gegen die Nation.
Ohne uns! Wir wissen selbst am Besten, was gut für uns ist!
… antisexistisch, weil Gewalt an Frauen* uns alle angeht!
In Deutschland hat jede dritte Frau körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erfahren. Die physischen und psychischen Folgen sind verheerend. Weltweit werden pro Tag im Durchschnitt 137 Frauen* von Vertrauten ermordet, allein im Januar 2019 waren es in Österreich Sechs! Solche Taten werden in der Presse bagatellisiert, als Beziehungsdramen oder Eifersuchtstaten beschrieben. Doch Gewalt aus dem engsten Umfeld ist die Regel, nicht die Ausnahme. Die Rechten hingegen instrumentalisieren den Frauenrechte lediglich, um Rassismus gegenüber Geflüchteten und Migrant_innen zu schüren! Das Patriarchat ist keine Importware. Sexismus beschränkt jeden Tag überall auf der Welt die Bewegunsspielräume von Frauen*, im übertragenen Sinne und ganz wortwörtlich. Spätestens #metoo hat das für alle sichtbar gemacht. Sexismus macht, dass wir uns unsicher und unwohl fühlen. Er hält uns klein.
Allein unsere feministischen Kämpfe werden dieser Gewalt ein Ende setzen!
…. queer, weil es unser Leben ist!
Angeblich “natürliche” Geschlechtereigenschaften, Zwangszweigeschlechtlichkeit und gesellschaftliche Normen schnüren ein Korsett, das weder der Realität noch unserem Begehren entspricht. Zwar sind einige dieser Maßstäbe flexibler geworden, nicht zuletzt durch die unablässigen Kämpfe queerer Aktivist*innen. Ausbrüche und Abweichungen von der Norm werden aber im Zweifelsfall noch immer sanktoniert, bis hin zu extremer körperlicher Gewalt und Mord – eine Erfahrungen, die Schwule, Lesben und Trans- und Intersex-Menschen immer wieder machen müssen. Es geht dabei nicht allein um Anerkennung oder Gleichberechtigung, die immer auch wieder zurückgenommen werden kann, sondern darum, die Frage danach zu stellen, wie wir anders leben können. Wir stellen diese Frage nicht nur uns – sondern auch dem Rest der Gesellschaft. Wir haben noch überhaupt nicht gesehen, was alles möglich ist!
Nur indem wir uns gemeinsam und solidarisch organisieren, schaffen wir die Welt, in der wir ohne Angst unterschiedlich sein können.
… antirassistisch, weil es um die Befreiung ALLER Frauen geht!
Ein Feminismus, der lediglich die Situation für weiße Frauen* aus den Mittel- und Oberklasse verbessert, ist bessere Lobbyarbeit. Und es ist sicherlich keine gute Lösung, dass die Haus- und Pflegearbeit, anstatt von weißen Hausfrauen*, nun von prekarisierten, migrantischen Arbeiter*innen (ohne Arbeitsvertrag) verrichtet wird, damit sich andere Frauen dann in den Chefetagen der DAX-Unternehmen ausbeuten lassen können. Um uns gemeinsam zu befreien, müssen wir unsere eigenen Verstrickungen in die verschiedenen Herrschaftsformen erkennen, und sie, wo wir können, gegen Rassismus, Sexismus und Kapitalismus wenden. Wir müssen zuhören und lernen, laut zu sein und einzugreifen: Die mutigen Kämpfe, die Women* of Colour und Migrantinnen* oft unter erheblichem persönlichen Risiko führen, sind unser Vorbild!
Solidarität ist unsere Waffe. Wir lassen uns nicht Spalten und kämpfen gemeinsam!
… transnational, weil unsere Lebensweise auf den Rücken des globalen Südens gedeiht!
Frauen* sind jenseits der Grenzen Europas oft von noch extremerer Ausbeutung betroffen. Nach wie vor werden Formen der Selbstversorgung im globalen Süden durch eine kapitalistische Landnahme zerstört und Bevölkerungen proletarisiert. Frauen* gehören zu den verletzlichsten Gruppen der „Überschussbevölkerung“, die dabei entsteht. Ob beim Lohn, Arbeitssicherheit oder Versicherungen – überall wird gespart. Ihr Arbeitsvermögen- versetzt in prekärste Bedingungen – ist der Rücken, auf dem unsere imperiale Lebensweise getragen wird, wenn ganze Industriezweige werden in den globalen Süden ausgelagert. So verlieren wir aus dem Blick, dass unser Streit
für eine Welt ohne Ausbeutung ein gemeinsamer ist und wir ihn nur gemeinsam gewinnen können
Führen wir unsere Kämpfe transnational, das Kapital tut das schon lange!
… klassenbewusst, weil wir uns nicht länger vereinzeln lassen!
Wir leiden unter schlechten Arbeitsbedingungen, Ausbeutung oder finden gar keine Arbeit. Wir sind von der Gesellschaft ausgeschlossen wenn wir kein, oder zu wenig, Geld verdienen, nicht die „richtige“ Sprache sprechen, die „falschen“ Klamotten tragen. Wir leiden unter Burnout oder Depressionen. Klassenpolitik ist in diesem Zusammenhang keine nostalgische Phrase, in unserer Klassengesellschaft sie hat an Aktualität nichts eingebüßt.
Dabei hat Arbeit viele Gesichter. Sie war schon immer viel mehr als die Bilder des männlichen, weißen Fabrikarbeiters im Tagesschau-Bericht über die Konjunkturlage suggerieren wollen. Sie ist heute geistige und digitalisierte Arbeit, Sorge- und Reproduktionsarbeit. Verschiedene Formen von Unterdrückung müssen in unserer Analyse berücksichtigt werden und wie diese Unterdrückungsformen konstitutiv für den Kapitalismus und auch für sein neues autoritäres Gewand sind. Rassismus und Sexismus haben hier auch eine ökonomische Funktion, die Ausbeutung des globalen Südens sowieso.
Wenn wir die Geschlechterungleichheit abschaffen wollen müssen wir die systematische Proletarisierung und Prekarisierung von Frauen* benennen und abschaffen!
… kommunistisch, weil eine bessere Welt möglich ist!
How we strike:
Die Stimmung scheint da – die Revolution ist nah….oder auch nicht?
Zumindest sind die Hindernisse nicht zu übersehen. Das deutsche Streikrecht erlaubt keinen politischen Streik und delegitimiert die Ambitionen der feministischen Bewegung. Die Gewerkschaften verharren im engen gesetzlichen Rahmen und weigern sich, politische Ziele durch Arbeitsniederlegung zu unterstützen. Hier stellt der 8. März keine Ausnahme dar. Auch zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse in den kapitalistischen Zentren erschweren die Lage: Die Arbeitskämpfe von Solo –Selbständigen, sowie auch die der Arbeiter*innen aus dem Care-Bereich unterliegen speziellen Bedingungen die das Streiken verunmöglichen. Es sei denn mensch bestreikt sich selbst oder lässt Andere im Stich, die auf Hilfe angewiesen sind. Gerade aus diesen Arbeitsbereichen kommen aber viele Frauen* und Feminist*innen. In Berlin ist zudem der 8. März zu einem Feier*tag erklärt worden, was klassische betriebliche Auseinandersetzungen erschwert.
Streik , von engl. Strike, „Streich“ oder „Schlag“
Ein Frauen*streik ist aber viel mehr als eine Arbeitsniederlegung. Nutzen wir deshalb die Gelegenheit, dass viele Menschen in Berlin an diesem Tag Zeit haben. Verweigern wir die Hausarbeit, um nicht länger im Hamsterrad der unsichtbaren Arbeit zu verzweifeln. Blockieren wir die repressive Staatsgewalt oder statten wir einem/einem militanten Abtreibungsgegner oder einer AfD Politikerin einen Hausbesuch ab! Doch auch für alle, die trotz Feiertag zur Arbeit müssen, fällt uns einiges ein: Bestreiken wir unmenschliche Arbeitsbedingungen mit einem Bummelstreik, einer verlängerten solidarischen Mittagspause oder einer Abwesenheitsnotiz im Email-Anhang.
Bestreiken wir die “Normalzustände” gemeinsam auf der Frauen*kampftagsdemo! Seid solidarisch und beteiligt euch kreativ und vielfältig am Frauen*streik! Die Erfahrungen, die wir dabei machen, und die Verbindungen, die dabei entstehen, machen uns zur Gefahr für eine Gesellschaftsordnung. Eine Ordnung, die uns alle klein halten möchte und doch zugleich ohne unsere Arbeit zusammenbricht. Aufgefordert sind auch alle Männer* sich zu solidarisieren und an diesem wie an jedem anderen Tag an der Seite ihrer Freundinnen*, Genossinnen* und Kolleginnen*zu stehen, z.B. indem sie ihnen den Rücken freihalten, sie unterstützen, ihnen Arbeit abnehmen. Treten wir zusammen für eine Gesellschaft ein in der nicht nur die Produktionsmittel, sondern auch die Reproduktion vergesellschaftet ist und wir gemeinsam und solidarisch über unser Leben bestimmen können!
Deshalb rufen wir für den 8. März zu Streik und Sabotage an Patriarchat, Kapital und Vaterland auf!
Keine Emanzipation ohne die der Gesellschaft.
Kommt am 8. März 2019 in den linksradikalen Block von Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) auf der Demonstration zum Frauen*kampftag // 8. März in Berlin. Treffpunkt: 14:00 Uhr, Alexanderplatz.